Die Schwarmlösung: Zusammenarbeit ohne Machtstruktur

Warum sind Unternehmen, Armeen und Länder hierarchisch organisiert, während sich Tiere in großen Gruppen für eine flache Struktur entscheiden. In der Natur ist Selbstorganisation die Regel.

Organisationsstratege Evert Bleijenberg ist seit Jahren von dieser Frage fasziniert. Er stellte sie sich zum ersten Mal, als er beim Tauchen ein Foto machen wollte und ihm ein Fischschwarm auswich, der sich dabei verhielt wie ein Organismus. Jahrelang erforschte er das Verhalten von Fischen in der Tiefsee und erhielt dabei viele Antworten, nicht jedoch auf diese eine Warum-Frage.
„Ich vermute, dass menschliche Organisationen, wenn sie wachsen, einfach nicht auf die Idee kommen, Hierarchie gegen Selbstorganisation auszutauschen. Es ist eine hartnäckige Gewohnheit mit einer jahrtausendelangen Kulturgeschichte. Höchste Zeit für eine Revolution“, erklärt Bleijenberg. „Hierarchie ist nicht nur ineffizient und unbefriedigend für alle Beteiligten, sondern sie führt auch zu unerwünschten Ergebnissen. Vor allem in dieser Zeit, in der der digitale Fortschritt das industrielle Denken überholt. Wie kann es zum Beispiel sein, dass die 742 Millionen Einwohner Europas in Frieden leben wollen, während ihre Regierungen den Krieg vorbereiten?“

Ein Schwarm-Tag

Am 29. März 2025 stellte Schwarm-Experte Evert Bleijenberg seine Lösung beim von Society 4.0 organisierten „Schwarm-Tag“ in Tiel (NL) vor. Die „SWARM-Solution“ ist ein Modell, das eine Zusammenarbeit ohne Hierarchie ermöglicht. Sowohl Regierungen, NGOs (Nichtregierungsorganisationen) als auch Unternehmen können damit ihre Effektivität und Produktivität verbessern, und zwar exponentiell. Mit der Schwarmlösung hat Bleijenberg die Prinzipien natürlicher Schwärme aus dem Tierreich in die Welt der Menschen übersetzt. In einem Schwarm beobachtet jedes Tier nur die Artgenossen in seiner unmittelbaren Umgebung. Das sind ungefähr sieben. Dies ist auch für Menschen die ideale Anzahl, mit der sie in Teams zusammenarbeiten können. Solche Zellen bilden also die Grundlage der Organisation. In einer derartig überschaubaren Gruppe übernimmt jeder eine Rolle, die notwendig ist, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. So einfach ist das. Der Rest folgt automatisch.

Ein großer Ameisenhaufen

Schluss mit kostspieligem Management. Schluss mit Ungleichheit. Schluss mit Machtmissbrauch. Jeder im Unternehmen wird darüber informiert, was sich die unmittelbar Beteiligten überlegt haben. Und jeder tut, was er kann, um den Plan umzusetzen. Ein Vergleich mit einem Ameisenhaufen liegt nahe. Ameisen arbeiten ständig gemeinsam daran, ihre kurz- und langfristigen Ziele zu erreichen. Hierarchie kennen sie nicht, wohl jedoch Rollenverteilung. Noch naheliegender für uns Menschen ist laut Bleijenberg das Beispiel einer Fußballmannschaft. Jeder Spieler hat seine eigene Rolle. Das gemeinsame Ziel ist es, den Gegner zu besiegen.

Eine andere Denkweise

Warum wurde sein Modell noch nicht überall eingeführt? „Es gibt eine Reihe von Verhaltensprinzipien, die befolgt werden müssen, bevor man so arbeiten kann“, erklärt er. „So ein Schwarm sieht zunächst aus wie Anarchie, aber er hat eine klare Struktur. Die Regeln müssen allen Teilnehmern bekannt sein. Das beginnt mit einer völlig anderen Denkweise. In unserer Gesellschaft hat jeder von klein auf gelernt, sich an einen Vorgesetzten zu wenden, um Antworten zu erhalten. Und man wird dafür belohnt, wenn man innerhalb eines klar abgegrenzten Zuständigkeitsbereichs seinen Beitrag leistet. Dadurch fühlt sich niemand vollständig verantwortlich. In einem Schwarm ist dies aber notwendig. Denn das gemeinsame Ziel ist entscheidend und nicht irgendein Vorgesetzter.“ Er fährt fort: “Es ist ein offenes System, jeder spricht mit jedem, es gibt keine festen Kommunikationswege. Jeder kann jederzeit alles tun. Vorausgesetzt, dass es dem höheren Ziel dient.“ Bleijenbergs Lösung wird digital mit künstlicher Intelligenz unterstützt: Die Technik denkt mit, um den schnellsten Weg zum Ziel zu finden.

Weltweit

Bleijenberg berücksichtigt, dass ein Bewusstseinswandel notwendig ist, bevor seine Lösung weltweit umgesetzt werden kann. Seine praktische Erfahrung zeigt, dass der Umgang mit Veränderungen für viele Menschen ein Hindernis darstellt. Es gibt derzeit einen riesigen Schwarm, der seine Methode ausprobiert: Society 4.0, die Bewegung von Professor Bob de Wit, die eine weltweite „glokale“ Gesellschaft anstrebt, wendet sein Modell an.

Wie geht das?

Jeder Teilnehmer stimmt sein Verhalten spontan mit seinen nächsten „Mitspielern“ ab. Danach erreicht ihre gemeinsame Botschaft den ganzen Schwarm. Auf diese Weise kann der Schwarm in einem sich stark verändernden Umfeld gedeihen und mit Unsicherheit umgehen. Schwarmintelligenz ist eine Ausprägung der tiefen Verbindung, die die gesamte Natur durchdringt. Das ist das Prinzip der Selbstorganisation.

  1. In einem Schwarm ist jeder Einzelne autonom und selbstorganisiert. Die Teilnehmer verfolgen intrinsisch motiviert ein höheres gemeinsames Ziel.
  2. Die Organisation basiert auf flexiblen Rollen. Diese Rollen entstehen aus einer Notwendigkeit.
  3. Jeder Mensch ist ein Spezialist und zugleich ein Generalist. So kann jeder an verschiedenen Stellen in der Organisation Aufgaben übernehmen und dazu beitragen, dass die gesamte Organisation gut funktioniert.
  4. Einzelne spiegeln das Verhalten der anderen und das der gesamten Organisation wider. Jeder Einzelne ist eine Kopie der gesamten Organisation. Die Organisation ist holografisch.
  5. Jeder Einzelne sendet seine Informationen an die gesamte Gruppe. Alle sind informiert, es gehen keine Informationen verloren.
  6. Der Schwarm hat eine große Vielfalt. Deshalb kann er sich an alle Aspekte seiner Umgebung anpassen. Probleme werden sofort gelöst.
Übersetzt aus dem Niederländischen. Original-Artikel von Paul van Schaik: https://theoptimist.nl/de-zwermoplossing-samenwerken-zonder-machtsstructuur/

Mehr erfahren über die “Schwarmlösung” könnt ihr

  • in einem Online-Vortrag in deutscher Sprache oder
  • mit dem Buch SWARM-Organisation von Evert Bleijenberg , das ihr bei uns mit einer deutschen Übersetzungshilfe erwerben könnt.

Wendet euch dafür an verbindung@society4th.org

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